2. April 2022, Ostalbrallye oder: „drivin´ through a winterwonderland“

 

Nach dem Ausfall auf der SÜW und einem gelungenen Comeback auf der Rallye Ulm stand nun am ersten April-Wochenende die Ostalbrallye, meine Heimrallye, vor der Tür. Aber nicht nur das Event stand vor der Tür, auch eine Schlechtwetterfront mit Minusgraden und Schneefall (ein Temperatursturz von einem Wochenende zum nächsten von 20 Grad ). Und so kam es auch: es schneite am Freitag den ganzen Tag und es sollte bis Samstag so weitergehn.

 

Da Vivi wieder verhindert war, gesellte sich für diese Rallye Céline Wolf an meine Seite im Lupo und sollte mir den Weg weisen. Da sie beruflich am Freitag noch eingespannt war, kam für die Dokumenten- und technische Abnahme diesmal etwas Zeitdruck auf. Sie und ihr Freund Tobias Fritz, der im Evo X von Florian Schwenker Platz nahm, kamen erst 15 Minuten vor Torschluss am Rallyezentrum an. Zum Glück war zu dieser späten Stunde kaum ein Teilnehmer noch in der Warteschlange. So ging auch diesmal wieder alles glatt über die Bühne, Beanstandungen gab es keine. Und Céline war baff über das Wetter, hatte sie im Jahr 2022 noch keine einzige Schneeflocke gesehen. Und nun diese weiße Pracht Anfang April.

 

Zum Samstag, Recce. Den Lupo vom nächtlichen Schnee befreit und kurz nach 7.30 ging es los. Schon bei der Anfahrt zum Rallyezentrum, als mein Passat am Kreisverkehr erstmal kurz geradeaus rutschte, hab ich gemerkt: „das wird interessant heute…“

Also auf zu den Wps, von denen die Erste, WP Schweizerhof, fast komplett neu war. Beim letzten Mal ging es hier in die andere Richtung und nicht ganz so lang. Die Wps zeigten sich dann also, wie erwartet: nass, schmodderig, teils verschneit. Und dazu noch Temperaturen knapp unter Gefrierpunkt. Die Reifenwahl hab ich mit der Prognose bereits am Donnerstag getroffen und meine Winterreifen aus dem Keller geholt und die Regenpellen in den Passat-Kofferraum geworfen. Trotz der Abnahme am Freitag war dann der Zeitplan dann doch etwas knapp geschnitten, da unser vermuteter Start um 20 Minuten nach vorn gelegt wurde. Warum? 20 Teams waren die Bedingungen nicht geheuer oder waren für sie nicht korrekt ausgerüstet. Also Start 12.11 anstatt kurz nach halbeins.

 

Los geht’s, auf zur WP 1, Schweizerhof. Von der kleinen Ortschaft Fach im Kochertal ging es auf einer kleinen Kreisstrasse kurvig hoch bis kurz vor Obergröningen, wo man in einer Spitzkehre vom Ort wieder weg und parallel zum Ortsrand zur Landstrasse Richtung Untergröningen geführt wurde. Schon auf den ersten Metern merkte man das sehr niedrige Gripniveau der Strecke. Ein Gasstoß zuviel in der Kurve und der Lupo wollte nur noch geradeaus die Piste verlassen. Auch das Bremsen stellte sich als knifflig dar, was ich am ersten richtigen Bremspunkt merkte. Etwas zu schnell angeflogen und ein ticken zu stark auf die Bremse getreten und die Fuhre rutschte mit blockierten Rädern nur noch geradeaus. Mit viel Mühe konnte der Lupo noch in die richtige Postition gebracht werden und mit Hilfe der, zum Glück, nicht zu hohen Böschung wurde der Bogen bewältigt. Mit vollem Speed und angebrachter Vorsicht an den 90-Grad-Ecken ging es am Ortsrand vorbei, die Schikane noch sauber angebremst und weiter zur Landstrasse. Hier bog man nach grob einem Kilometer links ab und war nun auf der WP von 2018 nur eben rückwärts.Schnelle Geraden, immer wieder 90-Grad-Kurven, so ging es Richtung Eschach zum Batschenhof in Richtung Kemnaten. Und ab hier ging es dann wieder zur Sache als die Strecke wieder hinunter ins Tal führte. Ein wildes Hin-und-Her durch den dichten Wald auf einer schmalen Strasse, die vielleicht 1,5 Wagenbreiten aufweist nach und durch Waldmannshofen. Weiter ging es dann wieder in den Wald um die letzten Meter nach Untergröningen zu bewältigen. Hier musste das Zusammenspiel und Timing der Besatzung gut harmonieren, sonst läuft hier gar nichts und man landet im Wald. Ich sag jetzt mal, zu 99% hat es zwischen Céline und mir gepasst und so konnten wir trotz des Verbremsers (der ganz allein meine Schuld war) mit einer 8:56,1 die zweite Zeit in der 9 Fahrzeuge umfassenden Klasse setzen. Jannick Mahl mit Hanna Benzing auf Suzuki Swift war 1,9 Sekunden schneller, die drittplatzierten Christian Knaupp und Benjamin Schmidt auf Citroen C2 erreichten eine 9.02,0.

 

WP 2 war die WP Pommes. Einst war sie die Königs-WP der Rallye, diesmal war sie die kürzeste der Drei, aber nicht minder schwierig zu fahren. In diesem Jahr wurde die Variante „Start von Reichertshofen“ benutzt. Diese Variante ist eigentlich nicht für meinen Lupo gereignet, da sie am Anfang leistungsstarken Fahrzeugen sehr in die Karten spielt. Geht es hier doch steil vom Kochertal hoch auf die Höhe von Vorderbüchelberg und von dort auf der alten Strecke nach Lutstrut. Damals ging mit 5 Gängen bergauf gar nichts, jetzt hab der Lupo mittlerweile deren 6 und so konnte tatsächlich eine Beschleunigung bergauf erzielt werden, aber bei grob 130 war dann auch wieder Schluss. Nach der schmierigen Kehre von Lutstrut ging es weiter in Richtung Straßdorf, über den Feldweg wieder zurück auf das Sträßchen Richtung Hammerschmiedsee. Schnelle Kurven durch das kleine Wäldchen, ein Schikane auf der langen Geraden (meiner Meinung war die hier bei diesen Verhältnissen nötig), Spitzkehre bei der Ziegelhütte und in Richtung Sprungkuppe, die auch durch eine Schikane entschärt wurde, nach Pommertsweiler.

Irgendwie kam kein Gefühl für die WP hoch, ich war der Meinung, die lief überhaupt nicht gut. So war die Überraschung groß, als wir auf dem Endtableau sahen, dass wir die Klassenbestzeit gesetzt haben. Es folgte der Skoda Fabia von Matthias Köhler und Marc Schwegler mit 1,5 Sekunden und der Knaupp-C2 6,3 Sekunden Rückstand. Der bis dahin Führende Mahl-Suzuki fehlte im Ziel wie auch einer der Böhler-Swifts.

 

Die längste WP war dann der Rundkurs „Lengenfeld“, ein Rundkurs bei Sulzdorf, 2x durch die Örtchen Ober- und Mittellengenfeld, dann ein langer, scnhneller Auslauf der kurz vor Schwenningen nach Saverwang abzweigt und dort über kleine Sträßchen nach Rainau. Die 1. Runde sauber zurückgelegt und zurück beim Start gesehen, dass der Konkurrent wohl etwas zu optimistisch vom Starter auf die Piste geschickt wurde. Nach nicht einmal einer halben Runde war der Vorsprung vom Opel Corsa der Arnolds aufgebraucht. Ob sie sich jetzt von mir gehetzt gefühlten oder die Kurve zu optimistisch im Aufschrieb hatten, auf jeden Fall waren sie dort zu schnell und wurden von der Piste getragen. Zu ihrem Glück wurde der Corsa von mehreren Büschen runtergebremst und dann erst von einem Baum gestoppt. Wir hielten an und vergewisserten uns, ob es der Besatzung gut geht. Dies wurde mit erhobenen Daumen bestätigt und wir setzten unsere Fahrt fort. Nicht mit vollem Einsatz, da wir eine errechnete Zeit erwarteten aber dennoch schnell genug um trotz dem Stopps mit einer 8:49,9 die zweitbeste Zeit zu erreichen. Schnellster war diesmal der Köhler-Fabia, der eine 8:43,4 fuhr und wieder Christian Knaupp setzte sich mit 8:57,7 auf dem 3. Platz fest.

 

So führten wir nach der Halbzeit mit 20 Sekunden Vorsprung vor Christian Knaupp und 22 Sekunden vor Matthias Köhler.

 

Der Schneefall hörte jetzt auf und ab und an kam nur leichter Niesel runter. Nach dem Regrouping stellte Matthias Köhler seinen Skoda ab, die Gründe kenn ich jetzt nicht und es ging weiter in den 2. Umlauf , wieder auf die WP Schweizerhof. Hier gab es dann die erste längere Verzögerung, weil sich ein Fahrzeug von etwas weiter vorn sich partout nicht bergen lassen wollte. Start frei, wieder den Berg hoch nach Obergröningen. Doch kurz vor dem Ort wurden wir von einer geschwenkten gelben Fahne eingebremst, Das Team Knaupp / Schmidt hatte sich von der Strecke gedreht und steckten mit der Nase im Graben und ihr Heck ragte in die Strecke. Also wieder flott weiter, aber wieder wohl eine Zeit vom grünen Tisch. Und dennoch waren wir wieder schnell genug um die Bestzeit der Klasse zu setzen, trotz der 10 Sekunden längeren Fahrzeit. Eine 9:07,0 stand auf der Uhr, knapp schneller als das Team Tobias Just und Anabel Genslein auf Citroen DS3, das 3 Zehntel langsamer war. Das Team Santos / Santos, das in Ulm so stark mit ihrem Saxo unterwegs war, folgte mit einer 9:11.3 auf Platz 3.

 

Mal schauen, ob wir für die Pommes ein besseres Gefühl bekommen, als im 1. Durchgang. Doch leider kam wieder kein Rhythmus zustande und trotzdem wieder die Bestzeit. 5:45,6 gegen 5:51,7 von Joan Santos und 5:52,4 von Tobias Just. Schon komisch, dass die vom Gefühl vermurkstete WP am besten lief.

 

Die härtesten Konkurenten waren nun ausgeschieden. Jetzt heißt es, das Auto heil ins Ziel zu bringen. Und fast den Start vergeigt, weil die Seitenscheibe noch nicht oben war. Zum Glück waren wir noch nicht über die Lichtschranke als ich nochmals stoppte um diesen Umstand auszuräumen. Die restliche WP verlief dann wieder sehr sauber. Die Schneeverwehungen aus dem 1. Umlauf waren zum Teil verschwunden und man konnte schön angasen. Unsere 8:40,6 war dann auch wieder gut genug für den 2. Platz, nur der Saxo von Joan Santos war mit 8:35,2 schneller und Tobi Just war auch nur 4 Zehntel langsamer.

 

So kam es, dass wir im Ziel genau 1 Minute Vorsprung auf das Team Joan und Manuel Santos und 1,25 Minuten auf das Team Tobias Just und Anabel Genslein.

Der allererste Heimsieg nach 14 Jahren Rallyefahren. Das einzige Haar in der Suppe war. Es gab für uns keine einzige Zeitgutschrift, was sehr ärgerlich sein hätte können, wenn z.B. der Skoda oder C2 noch im Rennen geblieben wären. Das ist ein heftiger Fauxpass seitens der Rallyeleitung, der zum Glück keine Folgen hatte außer dass wir einen Platz im Gesamtklassement verloren hatten.

 

Dennoch bin ich natürlich sehr stolz auf das Ergebniss und danke Céline Wolf dafür, für die tolle Arbeit auf dem Beifahrersitz, ohne die das Ganze nicht möglich gewesen wäre. Unsere Zusammenarbeit war sicherlich und hoffentlich keine Eintagsfliege.