02. Oktober 2021, Wartburgrallye oder: ein weiter Weg, der sich gelohnt hat

 

 

 

Da die Nibelungenringrallye für dieses Wochenende abgesagt wurde, die Rallye Fränkische Schweiz und die Rallye Oberland in diesem Jahr den gleichen Verwaltungstod ereilte, musste ein standesgemäßer Saisonabschluss her. Der 13. November fällt bei mir flach, also blieb nur noch die Wartburgrallye übrig, die noch geographisch in annehmbarer Reichweite liegt.

 

Doch gab es auch hier einige kleinere Klippen zu umschiffen. Erstmal brauchten wir beide einen freien Freitag und wir mussten noch eine Unterkunft klar machen. Das Erste war kein Problem allerdings kollidierte die Traditionsrallye mit der Eisenacher Traditionsveranstaltung „Rennsteiglauf“, so dass ich erst mal zahlreiche Absagen seitens diverser Gastgeberbetriebe entgegen nehmen musste. Nach 10 Anfragen und Absagen hatte ich dann endlich ein adäquates Domizil gefunden, das nicht mal weit vom Rallyezentrum und Hängerparkplatz weg war. Auch musste der Lupo noch fit gemacht werden, da bei einer der letzten beiden Rallyes sich ein Querlenkerlager verabschiedet hatte. Aber alles geregelt und am frühen Freitag Vormittag ging die Reise nach Eisenach los. Nur um dann gleich auf der A7 gestoppt zu werden, da hier ein Unfall die einspurige Autobahnbaustelle blockierte und wir einen Umweg von einer Stunde auf uns nehmen mussten. Also eben eine kürzere Mittagspause und wir erreichten punktgenau zu unserem Abnahmefenster das Rallyezentrum. Hier bekamen wir nun ein Novum überreicht: ein Rallyesafe-System mitsamt einem GPS-Tracker für das Recce. Der Rallyesafe soll vor Gefahren auf der Strecke warnen und im Falle eines Unfalls das „OK“ bzw. „SOS“-Schild ergänzen. Auch beinhaltet er einen Tripmaster und GPS-Tachometer und warnt einen, wenn man auf der Verbindung einen zu schweren Gasfuss bekommt. Also eigentlich praktisch, wenn man sich mit dem System auskennt.

 

Auch die technische Abnahme war außergewöhnlich. Bereits hier mussten wir auf den Marktplatz fahren, in einem Zelt wurde kurz die notwendigen Dinge betrachtet und dann ging es schon über die Startrampe, wo wir dem zahlreichen Publikum vorgestellt wurden. Theoretisch hätten wir schon Freitags mit der Besichtigung beginnen können, allerdings hatten wir unseren gewählter Slot maximal ausgereizt und hätten wir nur noch 1 Stunde Zeit dafür gehabt. Also mussten wir die 170km eben am Samstagmorgen abspulen.

 

Ohne Frühstück ging es dann um 6:45 Uhr los, um die WPs des Thüringer Walds zu besichtigen.

 

Und Punkt 10:59 waren wir dann auch mit dieser Aufgabe fertig, zurück zum Fahrerlager und verwundert festgestellt: hier gibt es nix zu essen! Kein bewirtender Verein, kein Grillwagen mit Thüringer Rostbratwurst und Konsorten....So gesellte sich zu dem mageren Frühstück aus Käselaugenstange und Schoko-Hörnchen ein Schinkenhörnchen, Laugenstangen und Wurststicks. Eine verpasste Chance einer zusätzlichen Einnahmequelle für Vereine oder Caterer.

 

Aber nun zur Rallye selbst: Nach dem Start auf dem Marktplatz über die Startrampe, ging es mit einer der schnellsten WPs los, die ich je gefahren bin. Auf der Prüfung „Nessetal“ ging es vollgastechnisch gleich in die Vollen. Gleich nach dem Start überquerte man die Landstraße und prügelte grob 800m einen fast geraden Wirtschaftsweg entlang, eine Schikane bremste die Übermütigen vor einer „engeren“ Kurve aus. Weiter auf dem Weg mit Vollgas, nur durch ein paar schnellen Kurven und ab und zu einer Schikane wurde dem Vortrieb etwas Einhalt geboten. Vor dem Ort Burla wurde man extrem eingebremst, schnell rein in den Ort, um einen Heuballen und mit durchgedrücktem Gaspedal über 2km Landstraße, 2 schärfere Kurven und vor Ebenheim wurde nochmal verlangsamt. Im Ort dann sofort eine enge Linkskurve und bergab in ein 2km langes Schotterstück. Da ich vor 2 Wochen mit dem rolligen Geläuf schlechtere Erfahrung gemacht habe, ging es verhalten unter und für ein kurzes Stück parallel zur Autobahn A4 weiter wo wieder die nächste Ortsdurchfahrt wartete. Nach einer engen Lücke zwischen 2 Häusern ging es auf der letzten 1,4km langen Highspeedpassage (Spitze 170) durch das Ziel. Ein heißer Ritt, den wir mit der 6.-schnellsten Zeit absolvierten

 

Vom Charakter war die WP 2 „Flachsgrund“ mit ihren 4,9km etwas völlig anderes. Erst ein Waldstück mit engen Kurven, die an „Wilde Maus“ vom Rummel erinnerten. Dann wurde die Strecke immer schneller, blieb aber immer schön flüssig. Raus aus dem Wald, in eine Spitzkehre bergauf (endlich hat es mal wieder mit der Handbremse geklappt) über einen Hügel durch das Örtchen Wackenhof. Oben am Ortsende weiter hoch durch ein Waldstück, eine blinde, enge Links und wieder runter nach Eckardtshausen. Auch hier konnten wir die 6. Zeit einfahren, gerade mal nur 6 Sekunden langsamer als die Spitze.

 

Mein absoluter Favorit der Rallye sollte die WP 3 „Krauthäuser Loch“ werden. Erst ging relativ anspruchslos 2 Runden über einen kleinen Rundkurs mit 2 Runden á 2km, dann ging die Prüfung richtig los. Erst 3 90-Grad-Kurven, dann flat-out über ein Kuppe und runter nach Madelungen, wo eine Schikane die Fahrt einbremste um nicht zu schnell über das dort befindliche Kopfsteinpflaster zu jagen. Durch einen Abzweig kurz wieder über Pflaster den Berg hoch (hier hatte ich etwas zu viel Schwung drauf und zog die Handbremse, was auf den Außenaufnahmen hübsch anzuschauen ist), raus aus dem Ort und auf die Spitzkehre bei Krauthausen zu. Leider wollte hier das Heck nicht so herum, wie ich wollte und wir schauten kurz die Böschung an. Jetzt fing es an turbulent zu werden. Hin und her, hoch und runter, blinde Kuppen gefolgt von schnellen Kurven hoch in den Ort Ütteroda. Hier kurvte man kurz um eine Naturschikane aus einem Baum und runter über eine Sträßchen, gerade mal 1m breiter als das Auto. Vollgas weiter im wilden Zickzack, Vivi bekam vor lauter vorlesen schon einen trockenen Mund und nach 12 km durch das Ziel. Trotz unseres Stehers konnten wir die 7. Zeit für uns verbuchen. Vermutlich hätten wir sogar die 8-Minuten-Marke knacken können. Also ab zum Rallyezentrum zum „kleinen Service“ wo wir uns für eine vermeintliche Dunkelfahrt einrichteten.

 

Also auf ein Neues, zurück zur WP„Nessetal“. Doch schon kurz nach dem Start begannen die Probleme. Auf dem langen Wirtschaftsweg verweigerte ein Zylinder seinen Dienst und wir konnten maximal 130 erreichen. Ein erneutes Starten des Motors während der Fahrt brachte kurze Linderung des Problems, aber schon kurz danach war der Leistungsverlust wieder da. Noch ein Neustart und wir konnten Burla mit „normaler“ Geschwindigkeit erreichen nur um hier auf der langen Geraden erneut einen Zylinder zu verlieren. Noch vor den Kurven schaltete ich die Warnblinkanlage ein und wollte nur noch die WP im nächsten Ort verlassen. Aber nach Kurve 2 meldete sich, wie von Geisterhand und ohne Neustart, der fehlende Zylinder wieder und die volle Leistung stand wieder zur Verfügung. Zwar sehr verhalten über den Schotter, da die Zeit eh hinüber war, dafür aber mit mehr Engagement über den Rest der WP, da man niemanden im Weg standen wollte. So blieb uns diesmal nur die 11. Zeit.

 

Leider passierte hier mir das Missgeschick, dass ich meinte die Kamera ausgeschaltet zu haben. So nahm ich also die komplette Verbindungsetappe von 4 zur 5 auf, nur um vor den Start die Aufnahme zu stoppen. So kann man leider nicht sehen, wie die Handbremskehre diesmal etwas zu enthusiastisch genommen wurde, das Heck schwenkte hier fast schon zu weit herum und wir standen kurz entgegen der WP-Richtung, rutschen aber so weit, dass man die Weiterfahrt ohne Rücksetzen fortsetzen konnte. Diesmal nur die 9. Zeit.

 

Auf der WP 6 setzte langsam die Dämmerung ein. Der Rundkurs (wo wir mal wieder kurz mit 3 Zylindern unterwegs waren) und die Strecke bis Madelungen lagen noch in „freier“ Natur, doch ab der Spitzkehre ging es langsam in den Wald, wo wir unser Flutlicht einschalten mussten. So konnten wir auf den schnellen Kuppen und Kurven sehr flüssig dem Ziel entgegen jagen. Und ohne das Motorenproblem hätten wie uns trotz Dunkelheit in der Zeit verbessert, da wir im 2. Umlauf hier nur 2,5 Sekunden verloren.

 

Wieder zurück auf dem Marktplatz, wo eine frenetische Zuschauermenge das Starterfeld begrüßte, durfte jedes Team über die Zielrampe fahren, wo es seinen Pokal entgegen nahm (sofern es unter die ersten Drei in der Klasse kam) aber auf jeden Fall für ein Erinnerungsfoto abgelichtet wurde

 

Was uns auf der gesamten Rallye auffiel, war der positive Zuspruch der ansässigen Bevölkerung. Nicht nur dass die Strecken von ihnen gesäumt waren, obwohl nirgends Zuschauerpunkte ausgewiesen waren. Auch auf den Verbindungsetappen durch die Dörfer wurde man beklatscht, angefeuert und zugewunken. So wurde diese Rallye, trotz unserer technischen Problemen ein würdiger Abschluss der kurzen Saison 2021. Und wer weiß, vielleicht sieht man sich in Eisenach wieder.