9. November 2019, Rallye Oberland oder „Ende gut, Alles gut“

 

 

 

Nach der erfolgreichen Rallye BaWü sollte an diesem Wochenende dann der Abschluss der Saison auf der Rallye Oberland, die wieder als Rallye 70 stattfand, in Altenstadt/ Schongau erfolgen. Aus Ermangelung an Motivation wollte Ingo an diesem Wochenende aussetzen und Melissa, die ihn sonst so gut ersetzte war zeitlich verhindert. Also startete ich eine Aufrufaktion in Facebook und Rallyemagazin zwecks Beifahrersuche auf die allerdings nur spärlich reagiert wurde (oder ich war zu blöde, die persönlichen Nachrichten zu empfangen. Dann entschuldige ich mich für diesen Fauxpas). Zwei Leute wollten bei mir mitfahren, der eine ohne Co-Erfahrung und Paul Gehbauer aus Lindenfels, der dann auch den Zuschlag erhielt, da er schon mehrere Jahre Erfahrung auf dem heißen Stuhl bei diversen Fahrern gemacht hat.

 

Aus beruflichen Gründen konnten wir nicht zusammen anreisen, also fuhr ich gemütlich am frühen Freitag Nachmittag zu dem kleinen Städtchen Nahe der Lech. (oder heißt das „dem“ Lech? Egal). Die Abnahme der Papiere und vom Lupo durfte ich dann auch ohne Co-Pilot absolvieren, was auch ohne besondere Vorkommnisse vonstatten ging. Paul konnte dann seinen Part ca. 1 Stunde nach mir erfüllen. Meine Befürchtung, dass mein Lupo eventuell auf den WPs der stärker einzuschätzenden Klasse NC6 (genau, die mit den Serien-Evos), die komischerweise hinter unserer Klasse starten sollte, im Weg sein könnte, trug ich der Fahrer-Verbindungsfrau Isolde Holderried zwar vor und es wurde zur Kenntnis genommen, aber geändert wurde nichts.

 

 

 

Auf zum Recce am Samstag morgen. Das Wetter zeigte sich von seiner launigen Seite, mal war es auf der Hinfahrt zur WP trocken, und schon auf dem Rückweg klatschnass, mal kam sogar etwas Schneeregen herunter, der aber keine Chance hatte liegen zu bleiben. Die Wahl der Reifen fiel auf meine Toyo-Regenreifen, da ich die Semi-Slicks bei diesen Temperaturen um 4 Grad wohl kaum zum Arbeiten gebracht hätte (ich hab nur Medium-Mischung für die Vorderachse) und die Waldpassagen definitiv dauerhaft schlüpfrig sein werden, auch wenn am Nachmittag kein Niederschlag mehr angesagt wurde und auch die Sonne zum Vorschein kommen sollte.

 

In unserer Klasse sollten, uns mitgezählt, 5 Fahrzeuge an den Start gehen. Die Suzukis von dem Team Völk und Team Plattner/Feldl, der favorisiert VW Golf von Thomas Schober und Christian Förstner, wir, und endlich mal wieder traf ich auf den Ford Puma von Leoni Stiem und Anne Kutins.

 

 

 

Komischerweise gibt es bei dieser Rallye kein festes Rallyezentrum, wo man mal nen Happen essen und im Warmen sitzen kann, oder sich (vor allem die Mädels) erleichtern kann, und so warteten wir im Startpark auf unsere zugewiesene Startzeit.

 

Raus aus dem Startpark ging es dann um 12:37 Uhr, zur ersten Wertungsprüfung, ein schneller Sprint von Peiting über Kreut zum Riesner See. Anfangs noch sehr schnell über eine Landstrasse, die zum Ortseingang von Kreut sehr schmierig wurde. An der Kapelle ging es scharf links weg auf einen schmalen Verbindungsweg, der die verschiedene Gehöfte miteinander verbindet. Dieser Weg, gerade mal so breit wie ein Traktor, wechselte ständig von schnellen Geraden, Kurven und Kuppen in schmodderige Walddurchbrüche, in denen man das Auto sehr schnell verlieren konnte. Paul kam noch nicht ganz mit meiner Aufschriebweise zurecht, aber mit einer Zeit von 4:22,1 erreichten wir die zweitschnellste Klassenzeit. Wir waren nur 4,5 Sekunden langsamer, als der starke Schober-Golf und gleich 10 Sekunden schneller als der Plattner-Suzuki. Leonis Puma und der Völk-Suzuki folgten auf den Rängen.

 

 

 

Als zweite Prüfung folgte dann das Sahne-Stück der Rallye, die Prüfung Wildsteig, die diesmal als Rundkurs gefahren wurde. Dieser Kurs ist eher mit einer Berg-und-Talfahrt zu vergleichen, sehr schnell wird Schwung aufgebaut um kurz darauf in eine Wald-Senke einzutauchen, mit Vollgas wird wieder ein Anstieg erklommen, nur um nach 4 schnellen Links-Rechtskurven sich nochmals ins Tal zu stürzen. Nach einer engen Kehre wieder mit durchgedrücktem Gaspedal in eine Linkskurve, die blind bergab führte und wieder mit viel Schwung durch eine Rechtskurve bergauf in eine elend-lange Linkspassage, die in einen nicht minderlangen Rechtsbogen führte. Wieder eine blinde Kuppe mit einer Links-Rechts-Senke und nach dem Anstieg vor Morgenbach scharf links weg zurück zum Start. Um hier schnell zu sein, musste man viel Vertrauen in Reifen und Aufschrieb haben. Da wir mit einer 7:17.4 min uns nur 1,9 Sekunden hinter Schober/Förstner einreihten, scheinte das hier der Fall gewesen zu sein, und wir konnten den Vorsprung auf Rang 3 um weitere 13.1 Sekunden vergrößern.

 

 

 

Noch schneller sollte es auf dem letzten Rundkurs im WP-Reigen werden, auf dem Rundkurs Altenstadt, der in diesem Jahr entgegen dem Uhrzeigersinn gefahren werden musste. Dies änderte den Charakter völlig im Vergleich zum letzten Mal, als ich ihn fahren durfte. Also kein Anbremsen auf der Kuppe um einen Abzweig zu erwischen, dafür auf einer nass-feuchten Straße von über 160 Sachen abbremsen um die Einfahrt in einen Parkplatz zielgenau zu treffen. Diese Stelle, so wie ein 90-Grad-Abzweig, der noch beim Abfahren sauber aber im Wettbewerb umso schmieriger war, sollten die kniffligsten Stellen der WP sein. So konnte ich uns bei der ersten Anfahrt gerade noch so an einer Bake vorbeimanövrieren, da der Reifen beim Bremsen noch nicht genug Grip aufgebaut hatte und bei der 90-Grad verließen wir für ein paar Meter den befestigten Untergrund und mussten auf der Wiese beschleunigen. Der Rest der WP klappte wie am Schnürchen und wieder konnten wir uns mit der 2. Zeit behaupten. Jedoch kam der Mangel an Leistung im Vergleich zum Schober-Golf hier deutlicher zum Vorschein, denn der Abstand nach vorn betrug 10,2 Sekunden, aber nach hinten dafür wieder nochmals 5,6 Sekunden dazugewonnen. Mit 16.6 Sekunden Rückstand und komfortablen 28.7 Sekunden Vorsprung auf den 3. Platz ging es in die Halbzeit. Und wieder eine Besonderheit, es gab keine Servicezone, Räderwechseln (wenn man denn wollte) oder Scheinwerfer montieren konnte also auf Grund der Parc Fermé-Bestimmung nicht durchgeführt werden. Seltsam für eine Rallye 70.

 

 

 

Auf zur 2. Schleife, und schon vor der WP wurde es Turbulent. So hielt ein mit Langholz beladenes Traktorgespann den gesamten Verkehr zur ZK auf. Mit Mühe und Not konnten wir noch unsere Stempelzeit erreichen (es war eine der wenigen Rallies, die Zuspätkommen noch bestraft hätte). In der Wartezeit zum Start konnte ich meinen Puls wieder runterfahren.und los ging es auf eine weitreichend abgetrocknete WP, nur die Dorfeinfahrt und die Waldstücke waren immer noch im selben Zustand wie am Mittag. Jedoch schlichen sich bei mir ein paar kleinere Fahrfehler ein und wir konnten unsere Zeit nicht verbessern. Dennoch konnten wir weiter den Vorsprung ausbauen, während der Golf uns weiter auf Distanz hielt.

 

 

 

Die Achterbahn bei Wildsteig war nun bis auf 2 Stellen eigentlich so gut wie trocken und wir konnten das Tempo weiter forcieren. Die ellenlangen Bögen wurden nun voll genommen und die Zeit um 6,4 Sekunden verbessert. Diesmal war der Zeitenunterschied leider nicht mehr ganz so knapp, es fehlten uns hier genau 4 Sekunden zur Klassenbestzeit (ich hatte heimlich schon spekuliert, dass eventuell die Avon-Regenreifen der Konkurrenz bei diesen Verhältnissen in die Knie gehen könnten).

 

 

 

Langsam ging es in die Dämmerung, aber die Zusatzscheinwerfer im Kofferraum sollten keinen Einsatz mehr bekommen, die Sichtverhältnisse waren bei unserem Start in die WP 6 noch immer ausreichend für die normale Fahrzeugbeleuchtung (allerdings hätte das wohl keine 15 Minuten länger dauern dürfen...). Auf der WP kam uns ein Scheinwerfer-Paar immer näher, denn wir wurden vor Thomas Schober in die Runde geschickt. Mit Mühe und Einsatz konnten wir ihn uns zwar vom Leib halten, aber die Zeit von 7:09.0 war diesmal nur gut für Rang 3. Lena Plattner konnte mit einer 7:02.6 min auf dieser WP die zweitbeste Zeit fahren und Thomas Schober fuhr hier auch die letzte Klassenbestzeit. Somit ging der Sieg souverän an das Team Schober/Förstner mit einem Abstand von 37,9 Sekunden auf uns, während wir mit 30.3 Sekunden ungefährdet einen guten 2. Platz erreichten.

 

 

 

Mein Fazit zur Rallye: wirklich tolle WPs stehen ein wenig im Kontrast zum Drumherum mit einer technischen Abnahme in einem Baumaterial-Lager (unbeheizt) und einem nicht vorhandenen Rallyezentrum. Die Location zur Siegerehrung in einem Möbelhaus-Restaurant / Cafe wär hingegen wieder in Ordnung.

 

 

 

Mein Dank geht hier ausdrücklich an Paul Gehbauer, der einen tollen Job auf dem Beifahrersitz gemacht hat und auch mit meiner eigenen Aufschriebsart zurecht kam. Ich kann dich bedenkenlos weiterempfehlen und ich freue mich dass ich deine Erwartungen übertroffen hab und deinen Rallye-70-Fluch durchbrechen konnte.